Die Neugier trieb mich her, ich gebe das zu. Zunächst erst einmal Dank für das Lob. Ich habe den gesamten Fred gelesen, mir meine Gedanken gemacht und führe zusätzlich gerade nebenbei an ganz anderer Stelle einen sehr interessanten Dialog zu annähernd dem gleichen Thema.
Versteht mich nicht miss, bitte: ich bin User und Betreiber und Werbender. Ich betrachte also das Dilemma in der Werbewelt gleich aus mehreren Blickwinkeln.
Hier mal Beispiel, frei konstruiert, um den meiner Meinung nach generellen Fehler in der derzeitgen Ansicht zu verdeutlichen:
Firma kaufmeinprodukt bucht Werbung bei werbungfuerdich.de unter dem Gesichtspunkt, 1000 forcierte Klicks in wenigstens 1000 Hits zu wandeln. Schöner wären 1000 Visits, das ist klar. Der p4c-Betreiber klickmichfuergeld.de baut nun diese Kampagnen ab. werbungsfuerdich.de bekommt sowohl den Referer vom Browser des Users Karl genannt, also auch die IP-Adresse von User Karl. Beides liefert der Browser im Header kostenfrei mit. werbungfuerdich.de verzeichnet für kaufmeinprodukt einen Aufruf und zieht ihn von der Gesamtmenge ab. kaufmeinprodukt verzeichnet einen Aufruf seiner Seite durch Karls IP-Adresse in den Logfiles des httpd. Will kaufmeinprodukt nun kontrollieren, wieso sie bei werbungfuerdich.de nur noch 999 Aufrufe hat von den ursprünglich 1000 gebuchten, kann sie das ohne Probleme tun, sie hat bereits alle dafür notwendigen Daten: Uhrzeit und Datum sowie die IP-Adresse. Die gleichen Daten liegen bei werbungfuerdich.de ja vor, zusätzlich mit dem Referer von klickmichfuergeld.de; klickmichfuergeld.de kann also bezahlt werden aufgrund eines Referers und die Kampagne kann für Karl (und das tatsächlich auch unabhängig vom Referer) beziehungsweise seine IP-Adresse für die von kaufmeinprodukt vorgesehene Zeit aus dem Verkehr gezogen werden. Karl kriegt seinen Lohn für den erfolgreichen Aufruf der Seite, werbungfuerdich.de hat das Geld sauber verdient und kann von dem Kuchen 3 Brösel an klickmichfuergeld.de weitergeben.
Was fällt auf? Richtig: ich habe in der ganzen Zeit kein einziges Cookie gebraucht. Und Karl hat deshalb auch kein Cookie auf seinem Rechner. Wozu auch? Ich meine, grundsätzlich sind Cookies toll, ernsthaft. Ich kann Karls Einkaufskorb wiederherstellen, falls ihm sein Rechner mit einem Guru Meditation Error abgesemmelt ist, während er bei mir einkaufen wollte, weil mein Grafiker bei der Pflege meiner Shopseiten einen Verbindungsabbruch hatte und die defekte Grafik den Browser und/oder Rechner an den Abgrund trieb und darüber hinaus. Ich kann dem Dauerbesucher meiner Seiten über ein Cookie auch ganz hervorragend für die Zeitspanne X die Wiederkehr ohne erneuten Login verschaffen. Leider werden Cookies aber schon eine ganze Zeit lang missbraucht. "Tracking-Cookie" ist hier ein Begriff, der all die negativen Eigenschaften eines Kekses beinhaltet. Ich verfolge also, wie oft ein bestimmter Browser auf einem bestimmten Rechner meine Seiten besucht hat, halte fest, von welchen Seiten er jeweils kam, vermerke, welche Produkte er sich mehrfach angesehen hat. Natürlich immer unter dem Gesichtspunkt der anonymen Marktforschung. Daß ich aber in Verbindung mit der IP-Adresse den bis dahin anonymen Kunden sogar auf einen Einwahlpunkt innerhalb des Zwischenetzes eingrenzen kann und damit zum Beispiel die Statistik erstelle, daß die Hannoveraner sich mehr für Pornos interessieren als die Münchner, so falsch oder richtig sie sein mag, wird dann aus Sicht des Kunden schon haarig und ist absolut am Sinn des Kekses vorbei.
Cookies sind unnötig. Wer das nicht glaubt, möge (vorübergehend) zum Keks-Verweigerer werden und bei Conrad einkaufen gehen. Im Netz, natürlich. Ein sauber geschriebener Shop tut nämlich genau das, was jede sauber geschriebene Seite tun sollte: Die Verwaltung aller Aktionen während eines Besuchs durch irgendeinen User serverseitig verwalten.
Exakt das gleiche gilt übrigens für JavaScript. Absolut unnötig. JavaScript ist per se sogar als böse zu bezeichnen, weil der Großteil der Webseiten-Verbrecher - ups - Webseiten-Designer selbiges hernimmt, um die eigentlich auf dem Rechner stattfinden zu habende Arbeit auf den Client zu verschieben. Nutzen wir doch einfach mal die Rechenzeit des Besuchers, nicht wahr? Die allseits angeführten Argumente der Menügestaltung oder gar der Erzwingung eines Mindestaufenthalts durch einen sich (sichtbar) verringernden Zähler sind totaler Blödsinn und dienen lediglich dazu, den User zu zwingen, die Scriptbehandlung einzuschalten, damit ganz andere Dinge auf seinem Rechner durch seinen Browser ausgeführt werden können. Mal ganz abgesehen davon, daß JavaScript unter anderem auch dazu verleitet, nicht mehr barrierefrei zu arbeiten, was die Seitengestaltung angeht.
Die technischen Aspekte, ihr Ursprung in immer mehr immer schlechter werdenden "Webdesignern" und andere Dinge könnten wir hier noch zu hauf behandeln, doch das ist nicht das eigentliche Thema. Ich habe die beiden im Laufe des Dialogs hauptsächlich angesprochenen "Probleme" der Seitenbetreiber nur noch einmal als tatsächlich nicht existent umreißen wollen, denn grundsätzlich kann ich auf beide Mittel verzichten, ohne fürchten zu müssen, dadurch die Rückverfolgbarkeit eines Seitenaufrufs nicht mehr zu haben.
Es ist im Grunde sehr einfach, Werbung so zu verkaufen, daß der maximale Nutzen für den Werbenden entsteht. Das spiegelt sich dann früher oder später durch die Qualität des Werbungsabbaus auch in der Kasse des Werbevermarkters wieder, denn für gute Qualität kann man auch bessere Preise erzielen. Es spricht für mich als User und als Betreiber nichts dagegen, eine Kampagne innerhalb einer Zeitfrist x nur einmal von einer IP-Adresse abbauen zu lassen. Nur ist dazu halt zwingend die Kommunikation zwischen dem Werbevermarkter und seiner Helfershelfer, den p4c-Betreibern, notwendig. Nur dann, wenn beim Klick von Karl auf der Seite klickmichfuergeld.de vor der Vergütung von Karl geklärt wird, ob Karl diese Seite vielleicht schon von klickmichfuernix.de aus besucht hat, kann überhaupt eine rein IP-Adress-basierte Sperre der Kampagne seitens des Werbevermarkters in Betracht gezogen werden, will er weiterhin gegenüber seinem Kunden mit Besucherzahlen agieren können, die er allein und ohne Hilfe anderer gar nicht liefern kann, denn ansonsten schneidet sich der Werbevermarkter ins eigene Fleisch. Zusätzlich muss die Weitervermarktung von Werbung klar unterbunden werden. Dieser zweite Punkt sorgt nicht nur für mehr Übersicht auf dem Werbemarkt, sondern verhindert, daß der eine oder andere "Geschäftstreibende" ohne tatsächlichen Eigenaufwand zu einem Einkommen gelangt, daß er gar nicht verdient hat. Die Menge der potentiell anbietbaren Besucher verringert sich dadurch nicht für den "echten" Werbevermarkter, denn je weniger "Wiederverkäufer" es gibt, desto mehr hilfreiche Seiten für den Abbau von Werbekampagnen werden direkt zum "echten" Werbevermarkter gehen.
Wisst ihr, der Kollege Biehl von webmasterebesucher.de erzählt auch nur dann, wenn man sich einen Wolf wundert, wieso die User auf der eigenen Seite so viel mehr bekommen als man selbst, obwohl man betriebswirtschaftlich richtig kalkuliert hat und eigentlich was übrig bleiben sollte für das eigene Säckel, daß die Werbung, die er zum Abbau zur Verfügung stellt, eine rein IP-Adress-bezogene Sperre beinhaltet. Er bietet dabei jedoch keine technische Möglichkeit, zu überprüfen, ob der hilfreiche Seitenbetreiber diesen Aufruf durch seine User vielleicht doch aus eigener Tasche bezahlen muss. Das ist nicht nur eine Verschiebung des Betriebsrisikos bei gleichzeitger Erlangung eines Wettbewerbsvorteils ("Bei mir kannst Du sicher sein, daß nicht der gleiche User Deine Werbung 20 Mal anschaut und dafür von Dir bezahlt wird, lieber Werbekunde."), das ist schon eine absolute Sauerei. Und auf diesen Zug springen sehr viele auf, die das hier im Fred schon erwähnte Zeus-Script unmodifiziert einsetzen; heimlich still und leise hoffen, daß man der erste ist, und für den Fall, daß das nicht so ist, man nicht zahlen muss. "Mir als Wiederverkäufer doch egal, ob die p4c-Seite zumachen muss, weil der Betreiber die Kampagnen von mir aus eigener Tasche an seine 5000 User zahlen muss, da kann ich doch nichts für." ist dabei noch die sanfteste Unterstellung, die ich als User und als Betreiber in diese Richtung abfeuern möchte.
Meine Ansichten als User, Betreiber einer p4c-Seite und als Werbekunde sind daher absolut identisch, weil allein der Begriff "fair play" schon dafür sorgt, daß es in den Ansichten dieser 3 in mir vereinten Persönlichkeiten gar keine Abweichung geben kann:
(Vermarkter == Werbenetzwerk, Präsentationspartner == p4c-Seite, Endkunde == user der p4c-Seite)
- Verzicht auf Cookies und JavaScript beim Endkunden
- Verzicht auf Weitervermarktung zur Abflachung der Hierarchie bei gleichzeitigem Qualitätsgewinn für den Werbenden
- rein IP-Adress-basierte Sperre der Kampagne nach Aufruf durch Endkunden als Qualitätsmerkmal für den Werbenden
- bidirektionaler und automatischer Kommunikationsweg zwischen dem Vermarkter und den beteiligten Präsentationspartnern zum Schutz des Einkommens der Präsentationspartner
- klare Restriktionen gegenüber dem Werbenden, daß die von ihm geschaltete Seite keinerlei Werbung und keinerlei IFrames enthalten darf
- klare AGB oder Nutzungsbedingungen des Präsentationspartners gegenüber den Endkunden
- Transparenz bei der Abrechnung eines Jeden gegenüber seinen Vertragspartnern
Wenn der Werbevermarkter, der Werbende und der Präsentationspartner zu einer Allianz auf Basis dieser (längst nicht vollständigen) Punkte verschmelzen und auf diese Weise Garantien für die Sicherheit des Endkundenrechners auch ohne den Einsatz der von allen bejammerten Hilfsmitteln gegeben werden kann, dann werden die bejammerten hilfsmittel auf Userseite unnötig, weil sie ihm keinerlei Vorteil mehr verschaffen! Ich für meinen Teil verzichte gern auf NoScript, wenn ich sicher sein kann, daß nicht plötzlich 20 zusätzliche Fenster aufgehen, in denen zusätzlich der "Spiegel vor dem Spiegel" Effekt auftritt, indem ein Layer im Layer im Layer auftaucht. Ich kann auf NoScript verzichten, wenn ich sicher sein kann, daß keiner eine selbst gestaltet Seite für $wenig_Geld einbuchen kann, auf der sich dann 150 IFrames befinden, in denen Inhalte stehen, die dem Werbenden $viel_Geld einbringen, wobei natürlich in diesen IFrames dann auch noch wieder Layer und Popups und so weiter auftauchen. Ich kann auf NoScript verzichten, wenn die Werbevermarkter endlich beigehen und die Meldungen der Endkunden, die über den Präsentationspartner beigebracht werden, ernst nehmen und schwarze Listen über Domains führen, die in der Richtung auffällig geworden sind (mal ehrlich: wer von euch verhindert in seinem Netzwerk explizit über die AGB die Einbuchung von pennergame.de und anderen Diebspielen, deren Betreiber gar nicht wollen, daß die entsprechenden Seiten bei euch buchbar sind, indem sie Framebrecher einsetzen und setzt das über eine Blacklist um?). Wenn dann die "Großen" der Branche zusätzlich noch genug Eier in der Hose hätten, diese Listen untereinander abzugleichen, dann verschwänden die Virenschleudern unter den Webseiten von ganz allein, der gesamte Ruf der gesamten Branche verbessert sich, durch den besseren Ruf verbessert sich das Einkommen, durch das verbesserte Einkommen können sowohl Werbevermarkter als auch Präsentationspartner und tatsächlich auch der Endkunde gleichermaßen mehr ins eigene Säckel tun. Das fehlen jeglicher Scripts zur Einbindung von Drittwerbung und der Verzicht auf IFrames sorgen auf Endkundenseite dafür, daß nicht (wie hier gerade nebenbei in einem Test dauernd passiert), daß der Browser nicht mehr stehen bleibt, weil irgendein saumäßig geschriebenes Script die ganze Kiste ausbremst, und habe sie noch so viel Prozessoren (und mehr als 8 kriege ich in diesen Rechner einfach nicht rein). Dann macht das auch wieder Spaß, sich alles anzusehen, was man so auf dem Bildschirm sehen kann! Wieder ein Gewinn für den Werbenden und damit auch ein Gewinn für alle Beteiligten.
Ich kann also auf NoScript verzichten. Ich kann aber genausogut auf jede p4c-Seite verzichten, die mit allen möglichen und unmöglichen Tricks versucht, die Grundlage zu schaffen, mich für meine aufgewendete Zeit und mein aufgewendetes Interesse nicht entlohnen zu müssen. Wobei der Betreiber der entsprechenden p4c-Seite ja nicht der Buhmann ist, das muss hier deutlich gesagt werden. Der Buhmann ist tatsächlich der Werbevermarkter, der sich einen Dreck um die Interessen seiner Basis kümmert: $user und $p4c-Seitenbetreiber.
Die Frage ist jetzt: Kann der Werbevermarkter auf diese beiden Standsäulen seines Gewerbes verzichten, indem er durch sein Verhalten dafür Sorge trägt, daß eines von beiden oder sogar beide gleichzeitig wegknicken? Kann der Werbevermarkter wirklich die Aussage treffen, daß allein die Endkunden alles zu ermöglichen haben, weil der Kunde sonst zur Konkurenz geht? Ich behaupte, daß der Werbevermarkter das nicht kann, denn der Endkunde ist nicht die Störung seines Geschäfts, sondern die Grundlage des selben.
Ralph